wenn das Familiensystem aus der Bahn gerät!
Leon ist ein Kind wie viele andere, was begann sich in der Corona-Lockdown-Zeit verstärkt auffällig zu verhalten. Ihm fiel es zunehmend schwerer, sich im Spiel oder bei den Schulaufgaben zu konzentrieren. Zudem wirkte er immer unausgelasteter und zappeliger. Oft verletzte er in seinem Bewegungseifer sogar ungewollt andere Kinder. Die Eltern ertappten sich dabei, wie sie oft gar nicht mehr richtig an ihn ran kamen. Das veranlasste sie dazu, ein pferdegestütztes Familiencoaching bei mir zu buchen. Da das Kind viel überschüssige Energie hatte und Tiere liebt, kam ihnen diese Form des Coachings an der frischen Luft sehr gelegen.
Auch auf den Reitplatz brachte Leon viel Power mit, zum Leidwesen der älteren Schwester, die oft einstecken oder hintenanstehen musste. Die Eltern wirkten angestrengt und teilweise unsicher über die Verhaltensweisen des Kindes.
Herausforderungen in den ersten Coachings mit dem Pferd
Während des Coachings durfte die Familie zusammen mit der Stute Goldfee Herausforderungen in der Form von oft gemeinsam kreierten Hindernis-Parcours durchlaufen und überwinden. Während solcher Übungen offenbart sich für uns Coaches oft in den ersten Minuten ein buntes Bild der Familien-Dynamiken. Ähnlich wie in Situationen im Alltag nehmen die Familienmitglieder ihre Rollen ein und fallen in die altbekannten Muster.
In diesem Fall drehte Leon so richtig auf und kam seiner großen Schwester, die gerne ausgiebig über alles nachdenkt, bevor sie handelt, oft zuvor. Die Eltern wiesen ihn dafür jedes Mal zurecht, aber kamen nicht so richtig durch mit ihren Ermahnungen. Und das Spiel wiederholte sich. Bilder und Alltagssituationen taten sich auf. Sie waren sichtbar für alle und boten genug Potential zum Reflektieren – teils mit und teils ohne die Kinder.
Das Pferd verändert alles
Während es zwischen den Familienmitgliedern trubelig herging, stand die schwarze Stute seelenruhig in der Reitplatzmitte. Auch sie beobachtete. Manchmal brachte sie sich ein, in dem sie aktiv auf ein Familienmitglied zuging, ihm Beistand leistete oder einfach mitmischen wollte.
Manchmal nahm sie die Rolle eines Familienmitgliedes ein, in dem sie sich zum Beispiel der Zusammenarbeit verweigerte. Der Rest der Familie überlegte dann fieberhaft, wie man nun ein 600 Kg schweres Tier zur Kooperation überzeugen kann.
Auch hier entstanden Situationen und Reflektionsmomente, in denen die Denk – und Verhaltensstrukturen der Familienmitglieder aufgedeckt wurden. Alle durften ihre Meinungen, Sichtweisen und Bedürfnisse kundtun. Manchmal überraschten sie sich gegenseitig mit ihren Äußerungen und neue Erkenntnisse wurden gewonnen. Und während die Familie noch diskutierte, lief das Pferd zu den eigens gebauten Hindernissen und schmiss sie um. Das Setting war nun verändert, die Karten neu-gemischt. Die Kinder nahmen den Vorschlag des Pferdes an und bauten den Parcours um. War das Setting erstmal verändert und die Bedürfnisse aller angehört und besprochen, ging das gemeinsame Bewältigen von Herausforderungen zusammen mit dem Pferd plötzlich leicht. Ein kollektives Glückgefühl tat sich auf. Am Ende besprochen die Eltern noch mit dem Coach, was sie sahen und wie sie die gewonnenen Erkenntnisse in ihren Alltag einbauen können.
Das Kreieren eines gemeinsamen Miteinanders
Pferdegestütztes Familiencoaching ist hochdynamisch, es ist ehrlich, manchmal überaus konfrontierend und es lässt alle Beteiligten sowohl ihre jeweiligen Rollen als auch das Gesamtsystem der Familie erkennen. Aber die Nachhaltigkeit dieser Coaching-Form überrascht selbst mich. Gerade weil Kinder und Pferde nicht um den heißen Brei herumreden, gelangen wir relativ schnell zu wertvollen Erkenntnissen, die die ganze Familie zu Hause umsetzen darf, um das gemeinsame Miteinander so zu kreieren, wie es für sie stimmig ist.
Ein paar Tage nach dem allerersten Coaching erreichte mich eine E-Mail mit staunenden Eltern-Aussagen. Diese konnten ihren Augen und Ohren nicht trauten, als sie morgens im Bett lagen und hörten, wie ihre beiden Kinder Frühstück vorbereiteten und harmonisch miteinander interagierten. Das hatte es so lange nicht gegeben. Spannend ist, dass wir das im Coaching natürlich nicht erarbeitet hatten. Es war vielmehr eine Konsequenz des gemeinsamen Anschauens, Aufdeckens, Zuhörens, Ausprobierens, Umsetzens und Reflektierens.
Was wirklich dahinter steckt
Während des Coaching-Prozesses entdecken Eltern oft, dass das auffällige Verhalten des Kindes nur ein Symptom der Dysbalance des gesamten Familiensystems ist. Gerade in Zeiten von Corona geraten eingespielte Familiensysteme oft ins Schwanken. Der Alltag verändert sich für alle maßgeblich – sei es durch neue Faktoren wie homeschooling, homeoffice, mangelnder Sozialkontakt oder fehlenden Ausgleich durch wegfallende Hobbies. Es ist also keine Überraschung, dass sich in Phasen so großer äußerer Veränderungen Familien oder einzelne Familienmitglieder Kopf stehen.
Bei uns in den Coachings dürfen die Eltern – teils auch ohne die Kinder in separaten Elterncoachings – erstmal verstehen in welcher Situation sie sich als Familie und als Eltern gerade befinden. Aus der Klarheit heraus, können sie dann ihre Ressourcen stärken, als Team oder starke Einzelpersonen ihre Führungsfähigkeiten wiederentdecken und einen Familienrahmen gestaltenlernen, der allen gut tut und Orientierung bietet, selbst in Zeiten von Krisen.
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